Die Vertrauensfrage ist ein parlamentarisches Instrument und steht dem amtierenden Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zur Verfügung. Es dient der Überprüfung der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag und kann entweder zur Bestätigung der Mehrheit oder zur Einleitung von Neuwahlen führen. Kommt es zu einer Verweigerung des Vertrauens durch den Bundestag, kann der Bundespräsident Neuwahlen herbeiführen.
Zweck und Bedeutung
Die Vertrauensfrage ist ein parlamentarisches Mittel für den amtierenden Bundeskanzler einer Regierung. Mit diesem Verfahren werden sämtliche Parlamentsmitglieder dazu aufgefordert, ihm das Vertrauen auszusprechen oder zu verweigern. Hauptsächlich wird die Vertrauensfrage bei Streitigkeiten innerhalb der Partei oder der KoalitionEine Koalition ist ein Zusammenschluss von zwei oder mehr politischen Parteien mit dem Ziel, gemeinsam eine Regierung zu bilden. eingesetzt. Erscheint eine Regierung nicht mehr handlungs-/tragfähig, können somit schnell Neuwahlen herbeigeführt werden.
Verfassungsrechtliche Grundlage
Das parlamentarische Verfahren der Vertrauensfrage beruht auf Artikel 68 des deutschen Grundgesetzes, in welchem steht:
“Findet ein AntragEin Antrag ist im parlamentarischen Verständnis ein Vorschlag, mit dem Ziel eine Maßnahme zu ergreifen, eine Entscheidung herbeizuführen oder auch eine Diskussion anzustoßen. Ein Antrag ist ein zentrales Mittel für die Arbeit im Parlament, das vor allem durch die Opposition genutzt wird. des Bundeskanzlers, ihm das Vertrauen auszusprechen, nicht die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers binnen einundzwanzig Tagen den Bundestag auflösen. Das Recht zur Auflösung erlischt, sobald der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.”
In der Praxis bedeutet dies, dass eine Ablehnung des Vertrauens zu einer Auflösung des Bundestages führen kann. Ob die Auflösung durchgeführt wird, liegt allein beim BundespräsidentenDer Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt in der Bundesrepublik Deutschland und steht über dem Bundeskanzler. Sein Aufgabengebiet umfasst in erster Linie repräsentative und integrative Aufgaben sowie wichtige verfassungsrechtliche Funktionen, wie beispielsweise die Ernennung des Bundeskanzlers..
Unterschied zum Misstrauensvotum
Gleich dem MisstrauensvotumBei einem Misstrauensvotum handelt es sich um ein parlamentarisches Verfahren, in dessen Rahmen dem Bundeskanzler oder der gesamten Bundesregierung das Vertrauen entzogen werden kann. handelt es sich bei der Vertrauensfrage um ein parlamentarisches Verfahren. Das konstruktive Misstrauensvotum nach Artikel 67 GG wird dagegen nicht vom Kanzler, sondern vom Bundestag initiiert. Hierbei wird in Verbindung mit der Abwahl des Kanzlers direkt ein neuer Kanzler gewählt, wohingegen das Verfahren der Vertrauensfrage ohne einen direkten Nachfolger endet.
Historische Beispiele
- 1972: Willy Brandt stellte die Vertrauensfrage, um Neuwahlen herbeizuführen.
- 2005: Gerhard Schröder stellte die Vertrauensfrage mit der Ziel, abgewählt zu werden und Neuwahlen einzuleiten.
- 2024: Olaf Scholz stellte die Vertrauensfrage, um seine gebrochene Regierung zu beenden und Neuwahlen herbeizuführen.