Fraktionsdisziplin

Als Fraktionsdisziplin (auch: Parteidisziplin) bezeichnet das einheitliche Abstimmungsverhalten von Abgeordneten einer Fraktion. Vor Abstimmung legen Fraktionen hierzu in einer internen Beratung fest, wie gemeinsam abgestimmt wird.

Als Fraktionsdisziplin (auch: Parteidisziplin) bezeichnet das einheitliche Abstimmungsverhalten von Abgeordneten einer Fraktion. Vor Abstimmung legen Fraktionen hierzu in einer internen Beratung fest, wie gemeinsam abgestimmt wird. Da Abgeordnete in Deutschland einem freien Mandat unterliegen, können sie nicht zu einer bestimmten Abstimmung gezwungen werden. Dennoch wird erwartet, dass sich alle Fraktionsmitglieder an die gemeinsam erarbeitete Linie halten.

Gründe

Ein geschlossenes Abstimmungsverhalten der Abgeordneten einer Fraktion ist gewissermaßen notwendig, um eine stabile, zuverlässige Beschlussfassung in einer parlamentarischen Regierung zu erreichen. Gründe für die Fraktionsdisziplin lauten:

Partei-eigene Interessen durchsetzen 

Eine Partei ist zur Durchsetzung eigener Interessen auf die eigenen Abgeordneten angewiesen. Ebenso benötigen die Abgeordneten im Wahlkampf Unterstützung durch die eigene Partei. Jede Partei wiederum verfügt über klare Standpunkte, die sich im Wahlprogramm widerspiegeln. Diese Interessen der Partei und ihrer Wähler lassen sich nur durch einheitliche Abstimmungen im Parlament durchsetzen.

Erreichen und Sicherung der Regierungsmehrheit

Um eine stabile Regierung zu erreichen, ist die Mehrheit im Parlament notwendig. Je nach Zusammensetzung der Koalition wird diese Mehrheit nur knapp erreicht. Um dennoch die Mehrheit bei Abstimmungen, etwa zur Wahl des Bundeskanzlers oder in Gesetzgebungsverfahren, zu erreichen, wird ein einheitliches Abstimmungsverhalten benötigt. Zuletzt hat die Wahl von Friedrich Merz zum Bundeskanzler gezeigt, dass bereits wenige Abweichler zum Fehlschlag einer Abstimmung und zur Infragestellung einer (potenziellen) Regierung führen können.

Stärke der Opposition aufzeigen

Gegenüber der regierenden Parteien muss auch die Opposition ihre Stärke beweisen, um eigene Interessen einbringen und vertreten zu können. Grundstein hierfür ist ebenfalls ein einstimmiges Verhalten bei Abstimmungen. Beispielsweise benötigen Gesetzesvorschläge durch den Bundestag mindestens 5 % der Abgeordneten. Diese Schwelle wird von kleineren Fraktionen häufig nur knapp erreicht.

Konzentration auf fachliche Expertise

Innerhalb einer Fraktion haben die Abgeordneten jeweils eigene Fachgebiete, auf denen Sie selbst Experte sind oder von Experten unterstützt werden. Nicht jeder Abgeordnete ist jedoch in jedem Thema Experte. Aufgrund der Fraktionsdisziplin kann jedes Mitglied die Entscheidungen in seinem Fachgebiet prägen und sich gleichzeitig auf die Kenntnisse der Experten in Bereichen verlassen, um fundierte Abstimmungen durchzuführen.

Aufhebung der Fraktionsdisziplin

Wird eine Abstimmung im Parlament als Gewissensfrage deklariert, ist die Fraktionsdisziplin in diesem Fall aufgehoben. Die Parlamentarier stimmen in dem Fall vollkommen unabhängig von der Linie der eigenen Fraktion bzw. Partei ab. Dieses Vorgehen findet regelmäßig bei heiklen, ethischen Fragen Anwendung. Beispiele hierfür sind:

  • Verjährungsdebatte NS-Verbrechen, 29.03.1979
  • Festlegung der Hauptstadt Deutschlands nach der Wiedervereinigung (Hauptstadtbeschluss), 20.06.1991
  • Abstimmung über Ehe-für-Alle, 2017

Neue Begriffe Gewissensfrage/Gewissenentscheidung und Hauptstadtbeschluss?

Abgrenzung zum Fraktionszwang

Fraktionsdisziplin ist nicht mit Fraktionszwang zu verwechseln. Ein Fraktionszwang ist in Deutschland verfassungswidrig. Das wäre der Fall, wenn Abgeordnete durch Strafzahlungen, den Verlust des Mandats oder ähnlichen Strafen zu bestimmten Handlungen gezwungen werden würden.

Spannungsverhältnis zum freien Mandat

Abgeordnete im Bundestag, in den Landtagen und weiteren Parlamenten erhalten in Deutschland ein freies Mandat. Sie sind demnach weder an Weisungen (z. B. der Partei oder Fraktion) noch an den Wählerwillen gebunden. Durch die Fraktionsdisziplin wird das freie Mandat gewissermaßen beschränkt.