Überhangmandat

Bei Wahlsystemen, die aus einer Direktwahl und einer Verhältniswahl bestehen, kann es zu Überhangmandaten kommen. Das ist der Fall, wenn eine Partei durch die Direktwahl in den Wahlkreisen (Erststimme) mehr Mandate im Parlament erhält als ihr anteilig aus den Stimmenverhältnissen der Zweitstimmen zustehen.

Bei Wahlsystemen, die aus einer Direktwahl und einer Verhältniswahl bestehen, kann es zu Überhangmandaten kommen. Das ist der Fall, wenn eine Partei durch die Direktwahl in den Wahlkreisen (Erststimme) mehr Mandate im Parlament erhält als ihr anteilig aus den Stimmenverhältnissen der Zweitstimmen zustehen.

Umgang mit Überhangmandaten

Der Umgang mit entstehenden Überhangmandaten infolge einer Wahl mit Personenwahl und Verhältniswahlrecht wird in dem zugrundeliegenden Wahlgesetz beschrieben. Dabei wird eine der folgenden Regelungen angewandt:

Variante 1: Nur Überhangmandate vergeben

Die Anzahl der Sitze im Parlament wird um die Überhangmandate erweitert. Diese Lösung hat den Vorteil der Einfachheit, stört aber das Kräfteverhältnis aus den Stimmenverhältnissen der Zweitstimmen.

Variante 2: Überhangmandate vergeben und ausgleichen

Die Anzahl der Sitze im Parlament wird um die Anzahl der Überhangmandate vergrößert. Außerdem erhalten die anderen Parteien Ausgleichsmandate, sodass das Stimmenverhältnis vor Vergabe der Überhangmandate wiederhergestellt wird.

Nachteil des Verfahrens ist die mögliche Aufblähung des Parlaments, falls Parteien mit einem geringen Anteil an Zweitstimmen Überhangmandate erhalten. Die anderen Parteien würden in dem Fall ein Vielfaches der Überhangmandate als Ausgleichsmandate erhalten.

Variante 3: Überhangmandate nicht zuteilen

Werden Überhangmandate nicht vergeben, bleibt die Sitzanzahl des Parlaments und das Stimmenverhältnis der Parteien gewahrt. Allerdings muss die Repräsentanz der betroffenen Wahlkreise angetastet werden, beispielsweise indem der Kandidat mit den zweitmeisten Stimmen das Mandat erhält oder indem in dem Wahlkreis kein Direktmandat vergeben wird. In jedem Fall ist durch die betroffene Partei eine Liste der Wahlkreisgewinner zu erstellen und in eine Reihenfolge zu bringen, um zu bestimmen, wer sein Direktmandat nicht erhält.

Variante 4: Überhangmandate verteilen und dafür nicht-überhängende Sitze wegnehmen

Werden die Überhangmandate verteilt und dafür anderen Parteien Sitze weggenommen, bleibt die Größe des Parlaments gleich. Allerdings wird das Stimmverhältnis der Parteien noch stärker verzerrt als bei der Vergabe der Überhangmandate ohne Ausgleich.

Überhangmandate im Bundestag

Überhangmandate bei der Bundestagswahl wurden mit der Wahlrechtsreform 2023 abgeschafft. In den vorherigen Wahlperioden konnten Überhangmandate erzielt werden.

Bis 2011 wurden die Überhangmandate als zusätzliche Sitze im Bundestag vergeben. Dadurch ist das Parlament um die Anzahl der Überhangmandate gewachsen. Außerdem wurde das Stimmverhältnis der Parteien aus den Zweitstimmen missachtet. Schied in dieser Zeit ein Abgeordneter einer Partei mit Überhangmandaten im Bundesland des Kandidaten aus dem Bundestag aus, rückte kein Listenkandidat nach.

2011 wurde eine Neufassung des Bundeswahlgesetzes beschlossen. Infolgedessen wurden Ausgleichsmandate eingeführt. Erzielen Parteien Überhangmandate, bekommen die anderen Parteien Ausgleichsmandate, sodass das Stimmverhältnis der Zweitstimmen gewahrt wird. Diese Regelung kam bei den Bundestagswahlen 2013, 2017 und 2021 zur Anwendung.

Unter anderem da durch die Ausgleichsmandate die Sitzanzahl des Parlaments erheblich vergrößert werden könnte, wurde 2023 eine erneute Reform des Wahlrechts beschlossen. Überhang- und Ausgleichsmandate wurden abgeschafft. Nun erhalten Sieger der Wahlkreise nur dann einen Sitz im Parlament, wenn dieser durch den Zweitstimmenanteil ihrer Partei gedeckt ist. Die entstandenen 23 Überhangmandate wurden entsprechend nicht vergeben.

Wahljahr

Überhang

Ausgleich

2025

23

2021

34

104

2017

46

65

2013

4

29

2009

24

2005

16

2002

5

1998

13

1994

16

1990

6

1987

1

1983

2

1980

1

1961

5

1957

3

1953

3

1949

2

Beispiel für Überhangmandate

Bei der 20. Bundestagswahl im Jahr 2021 gewann die CSU 45 bayerische Wahlkreise. Gemäß prozentualer Verteilung der Zweitstimmen hätten der Partei jedoch nur 34 Sitze im Bundestag zugestanden. Es entstanden 11 Überhangmandate.